Formen der Selbstthematisierung in der vormodernen Lyrik (bis 1650) (14.–17.03.2018)
Wissenschaftliches Colloquium des Würzburger Kollegs "Mittelalter und Frühe Neuzeit"
Organisation: Prof. Dr. Brigitte Burrichter, Prof. Dr. Dorothea Klein, Prof. Dr. Thomas Baier, Prof. Dr. Michael Erler, Prof. Dr. Isabel Karremann
Datum: 14.–17.03.2018
Ort: Residenzplatz 2 (Residenz), Toscanasaal und Bibliothek Gräzistik
Dass die Selbstreferentialität, also die Eigenschaft der Literatur, auf Elemente ihrer selbst zu verweisen, nicht nur ein Phänomen der Moderne oder gar Postmoderne sei, vielmehr der Literatur schlechthin eigen: diese Erkenntnis setzt sich in den Literaturwissenschaften allmählich durch. Versuche, das Phänomen zu historisieren, hat es in den letzten beiden Jahrzehnten vorzugsweise auf dem Gebiet der erzählenden Literatur gegeben; namentlich descriptiones und andere Binnenerzählungen als Spiegelungen der erzählten Welt, Verdoppelungen von Handlungsschemata, paradigmatische Verknüpfungen und die Selbstreflexion in der nichterzählenden Rede eines Erzählers hat man als höchst produktive Varianten selbstreferentiellen Erzählens in den Volkssprachen beschrieben. Die Lyrik, insbesondere historische Formen der Lyrik, hat man unter diesem Aspekt bisher noch nicht systematisch in den Blick genommen. An diesem Punkt setzt unsere Tagung an. Ihr Ziel ist es, Altphilologen, anglistische, germanistische und romanistische Mediävisten und Frühneuzeitforscher zusammenzuführen, um Formen und Funktionen der Selbstthematisierung in der Lyrik in diachroner und synchroner Perspektive zu beschreiben und damit neue Impulse für die Erforschung selbstreferentieller Phänomene in der Literatur der Vormoderne zu geben. Ein solch historisierender und obendrein interdisziplinär-komparatistischer Ansatz ist bislang Desiderat.
Programm
Mittwoch, 14.03.2018 – Toscanasaal | |
14:00–14:30 | Begrüßung und Einleitung |
Spielräume dichterischer Selbstthematisierung Moderation: Joachim Hamm (Würzburg) | |
14:30–15:15 | Manuel Braun (Stuttgart) Zur Gattungsgebundenheit lyrischer Selbstbezüglichkeit: Minnesang und Sangspruch im Vergleich |
15:15–16:00 | Beate Kellner (München) Inszenierte Imaginationen. Formen lyrischer Selbstbezüglichkeit bei Reinmar und Walther |
16:00–16:30 | Kaffeepause |
16:30–17:15 | Gerhard Penzkofer (Bamberg) Polemik, Parodie, Kommentar: Spielräume metapoetologischer Lyrik im spanischen Barock |
17:15–18:00 | Bernhard Zimmermann (Freiburg i. Br.) Selbstreferentialität in den dionysischen Gattungen Athens |
18:00 | Kleiner Empfang |
Abendvortrag | |
19:00 | Michael Erler (Würzburg) Poiesin poiein. Selbstbezug und immanente Poetik in frühgriechischer Dichtung |
Donnerstag, 15.03.2018 – Toscanasaal | |
Selbstthematisierung mit Bezug auf diskursive Kontexte Moderation: Jens Haustein (Jena) | |
09:00–09:45 | David Nelting (Bochum) ... gire in paradiso. Zur Selbstthematisierung höfischer Liebe bei Giacomo da Lentini (mit einem Ausblick auf Dante) |
09:45–10:30 | Bettina Full (Bochum) Caro amico, guarda la figura. Zur Erfindung ästhetischer Erfahrung in der frühen italienischen Lyrik |
10:30–11:00 | Kaffeepause |
11:00–11:45 | Sophie Marshall (Jena) Muskatblut und sein 'Muskatblut'. Beobachtungen zu Ich frä mich das ich ye gesach (Groote Nr. 53) |
11:45–12:30 | Jörg Robert (Tübingen) Antipetrarkismus und lyrische Systemkonstitution |
12:30–14:30 | Mittagspause |
Selbstthematisierung mit Bezug auf pragmatische Kontexte Moderation: Julius Goldmann (Würzburg) | |
14:30–15:15 | Angelika Zirker (Tübingen/Berlin) John Donnes Deixis: Selbstreferentialität von This – Here - Thus |
15:15–16:00 | Dietmar Rieger (Gießen) Ieu port d’aiselh mestier la flor. Selbstthematisierung bei den frühen Trobadors: Wilhelm IX. von Aquitanien und sein Publikum |
16:00–16:30 | Kaffeepause |
16:30–17:15 | Florian Kragl (Erlangen) Das Dilemma der dritten Person. Selbstlose Referentialität im Minnesang des 12. und 13. Jahrhunderts |
17:15–18:00 | Hermann Wiegand (Heidelberg) Selbstreferentialität bei lateinischen Dichterinnen in Renaissance und Barock (Olympia Fulvia Morata, Elizabeth Weston, Anna Maria van Schurman u. a.) – Auseinandersetzung mit ihrer Rolle als weibliche Dichter in einer von Männern bestimmten Res publica doctorum |
Abendvortrag | |
19:00 | Thomas Baier (Würzburg) carmina quae possint oculos aurisque morari Caesaris: Ein Beitrag zu Selbstaussagen römischer Lyriker |
Freitag, 16.03.2018 – Bibliothek der Gräzistik | |
Dichter über Dichter und Kunst Moderation: Christopher Köhler (Würzburg) | |
09:00–09:45 | Christian Buhr (Würzburg) wâ sint nu alle, die von minnen sungen ê? – Selbstreferenz und Selbstdarstellung in den mittelhochdeutschen Totenklagen und Dichterkatalogen |
09:45–10:30 | Miriam Wallraven (Würzburg) Gedichte über Dichter: Die Etablierung einer literarischen Tradition der Selbstreferentialität in England zwischen Intertexualität und Interpersonalität |
10:30–11:00 | Kaffeepause |
11:00–11:45 | Manuel Mildner (Würzburg) Das »Lied im Lied« als Phänomen der Kunstreflexion im hohen und späten Minnesang |
11:45–12:30 | Martha Kleinhans (Würzburg) ch’al tu’ sonetto in parte contradico – Poetische Kommunikation zwischen Dichtern der Dantezeit über (ihre) Dichtung |
12:30–14:30 | Mittagspause |
Moderation: Susanne Friede (Klagenfurt) | |
14:30–15:15 | Dorothea Klein (Würzburg) Implizite Selbstreferentialität bei Reinmar dem Alten |
Dichtermemoria und Sprachkritik Moderation: Susanne Friede (Klagenfurt) | |
15:15–16:00 | Brigitte Burrichter (Würzburg) Thibaut de Champagne – Selbstreferentialität und Memoria |
16:00–16:30 | Kaffeepause |
16:30–17:15 | Émilie Séris (Paris) Dicere cogor amores … fati cantor et esse mei: Girolamo Angeriano et le tombeau du poète |
17:15–18:00 | Isabel Karremann (Würzburg) Postreformatorische Sprachreflexion und Gedächtniskultur bei Edmund Spenser |
19:00 | Führung durch die Stiftung Juliusspital (mit kleiner Weinprobe) |
Samstag, 17.03.2018 – Bibliothek der Gräzistik | |
Dichterische Selbstinszenierungen Moderation: Zeno Ackermann (Würzburg) | |
09:00–09:45 | Matthias Meyer (Wien) Wann spreche ich und wer bin ich dann? Formen der Selbstinszenierung bei Frauenlob |
09:45–10:30 | Tobias Dänzer (Würzburg) afflabor maiore deo: Selbstbewusstsein und Selbstreferentialität in der Dichtung Angelo Polizianos |
10:30–11:00 | Kaffeepause |
11:00–11:45 | Barbara Ventarola (Würzburg) Aemulative Selbstkanonisierung. Die kalkulierte Leidenschaft der Louise Labé |
11:45–12:30 | Verena Lobsien (HU Berlin) Selbst und Sympathie: Poetologie der Klage bei Sidney, Spenser und Shakespeare |
12:30 | Schlussdiskussion |
Kontakt
Prof. Dr. Dorothea Klein (Lehrstuhl für deutsche Philologie)
Prof. Dr. Thomas Baier (Lehrstuhl für Klassische Philologie II)
Prof. Dr. Brigitte Burrichter (Lehrstuhl für Französische und Italienische Literaturwissenschaft)
Prof. Dr. Michael Erler (Lehrstuhl für Klassische Philologie I)
Prof. Dr. Isabel Karremann (Lehrstuhl für englische Literatur- und Kulturwissenschaft)